Reisebericht: Abwechslungsreicher Neusiedler See
von: Silke Korbl am: 29.10.2015
„Halt, Sturm!“, hatte bei unserer geselligen Fahrt um den Neusiedler See eine doppelte Bedeutung. Das ein oder andere Mal wehte uns der Wind um die Nase, da kam ein kurzer Stopp am Landpartie-Bus gerade recht, um sich bei einem leckeren Picknick mit Joghurt und Obst, mit Radler, Blaufränkischem oder Holunderbeersirup, mit Salami oder Käse aller Arten zu stärken. Unser Busbegleiter Fabian zauberte uns dazu die leckersten Salate. Auf der Strecke jedoch läutete „Halt, Sturm!“ gern den „Einkehrschwung“ ein – ein plötzlicher Radelschwung nach links oder rechts, in Richtung eines „Buschen“. Dies ist ein recht undefinierbares, aufgehängtes Büschel, das den Radreisenden anzeigt, dass hier „ausg´steckt is“, man hier also z.B. den leckeren „Sturm“, den noch in Gärung befindlichen Neuen Wein, genießen kann. Wen wundert's, dass wir dieses zweite „Halt, Sturm!“ ungleich lieber hörten als das erste …
Die Fahrt um den Neusiedler See führt nicht nur durch drei Länder (Österreich, Ungarn und die Slowakei), sondern hat auch drüber hinaus viel Abwechslungsreiches zu bieten. Hört man sich unter den Radreisenden um, so sind es die unterschiedlichsten Dinge, die während der Fahrt beeindrucken. Hans-Ulrich z. B freut sich über die vielen kleinen Führungen an Orte, zu denen man sonst selten vorstößt. Besonders angetan hat es ihm Bruder Elias aus der Wallfahrtskirche Frauenkirchen – obwohl dieser aktuell ein Notlager für Flüchtlingskinder einrichten muss, nimmt er sich einige Momente Zeit, uns ein wenig über seine Kirche und den Orden zu berichten. Rosemarie ist begeistert vom Schloss Esterhazy – mit den reich verzierten und aufwändig restaurierten Räumen war es im wahrsten Sinne des Wortes „goldig“. Das Jagdschlösschen Eckartsau ist zwar weniger üppig, aber für Martin ein besonders schöner Picknickort im Grünen gewesen.
Grün war es allemal bei unserer herbstlichen Radtour durch die Weingärten bei sommerlichen Temperaturen. So waren viele von uns beeindruckt von der Vielfalt der Natur und dem Artenreichtum im Burgenland. Der Neusiedler See mit seinem kilometerlangen Schilfgürtel ist schon etwas ganz Besonderes. „Dass der See so salzhaltig ist, das war für mich sehr überraschend“, schwärmt Gertrud nach der Führung durch den Nationalpark mit dem Biologen Harry. Von ihm haben wir viel Lehrreiches erfahren, zum Beispiel wie die Lebensräume und die Vegetation im Seewinkel sich verändern würden, wenn die landschaftstypischen Salzlacken verschwänden. Die naturkundliche Führung hat es auch Mette besonders angetan, selbst wenn sie nur mit einem Ohr dabei sein kann – denn sie bannt gerade am Zicksee Seidenreiher, Kiebitze und aufsteigende Starenschwärme auf Zelluloid. Die Lackenlandschaft ist übrigens ein Paradies für Ornithologen, vor allem während der Zugvogeltage. Für uns ist es eine wunderbare Gegend, die sich per Fahrrad bestens erkunden lässt. Gabi gefällt es dabei, mit gleichmäßigem Tritt hinter der Reiseleitung herzuradeln – das strömt Ruhe aus. Mit einem ausgiebigen Bad in der Therme unseres Hotels St. Martin wird die Erholung abends komplett.
Am westlichen Ufer des Sees erreichen wir eine besonders ansprechende Seite des Burgenlandes, die Margit besonders gut gefällt. Neben welligen Weingärten und kleinen Wäldchen, die uns Schatten spenden, warten die malerischen Städtchen Sopron und Rust auf uns. Statt dem „Sturm“ wenden wir uns abends nun dem Heurigen zu. Ungern verlassen wir am nächsten Morgen das Hotel mit Seeblick in Rust, werden aber durch die Schifffahrt zurück zur Ostseite des Sees durch allerschönsten Sonnenschein entlohnt. Die kleinen Überraschungen sind es, die unsere allerletzten Radkilometer so angenehm machen: Etwa das liebevoll gestaltete Dorfmuseum der Familie Haubenwallner in Mönchhof, das bei manchen Kindheitserinnerungen weckt, oder die Begegnung mit dem Weinbauer, der sich spontan für uns Zeit nimmt um zu erklären, dass man Weinreben heutzutage kaum mehr „pflückt“, sondern eher maschinell „schüttelt“. Ein kurzer Fußweg durch die malerische Altstadt von Bratislava, unserer letzten Station, zeigt, warum die Autos hier zu recht weitgehend verbannt wurden: Am lauen Sommerabend wimmelt es von Menschen, die gern einen Wein oder ein Bier im Freien zu sich nehmen. „Den Aufenthalt in Bratislava müsste man eigentlich verlängern“, resümiert deshalb Theo.
Das A und O einer jeden Radreise oder Wanderreise ist jedoch das mitmenschliche Klima: Einmal mehr ergab sich in der Gruppe und mit der Reiseleitung ein sehr nettes und ungezwungenes Miteinander, in das sich - so Ehrhardt - auch „Landpartie-Neulinge“ sehr schnell integrieren können. So hat es Bill, der für diese Reise den weiten Weg aus den Staaten auf sich genommen hat, besonders gut gefallen, dass die Mitreisenden ausgesprochen nett und herzlich waren – ein schönes Schlusswort ;-)
Vielen Dank an Susanne für das Zusammensammeln von den netten Kommentaren der Mitreisenden und die kurzweilige Erarbeitung dieses Blogbeitrags bei der gemeinsamen Heimreise mit dem Zug von Bratislava in die Heimat.
Herzlichst, Ihre