Ostpreußisches Wintermärchen

Ostpreußisches Wintermärchen

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Im Sommer begleite ich unsere Radreisen „Ostpreußisches Bilderbuch“. Während wir sommers vorbei an leuchtend lila Lupinenwiesen durch endlos grüne Alleen unter unglaublich hohem und weitem Himmelszelt radeln, taucht eine Frage immer wieder auf: Wie sieht es hier wohl im Winter aus?
Paradiesisch ist das nahe und doch so ferne „Russisch Ostpreußen“ (wie mein alter Pfarrer augenzwinkernd und treffend zu sagen pflegt), wenn die Natur uns noch nicht ganz so „durchzivilisiert“ wie hierzulande verzaubert. Muss der Winter dort nicht im Umkehrschluss trostlos sein?

Von dieser Frage angesteckt, habe ich mich über die Tage des Jahreswechsels auf den Weg gemacht, um mich einer klirrend kalten Antwort auszusetzen. Meine Bekannten in Danzig und Königsberg/Kaliningrad haben mich gewarnt: „Nimm unseren strengen Winter nicht zu leicht!“
Und tatsächlich fand ich das Land zwischen Danzig im Westen Gumbinnen/Gusev im Osten und dem Kurischen Haff im Norden unter einer unverschämt hohen Schneedecke. Sie mag im Zusammenspiel mit gnädiger Sonne und trockener Kälte manche Trostlosigkeit überdeckt haben. Aber dieser ganz eigene Zauber umgibt das Land auch im Winter. Mit dem russisch aufgebockten Skoda machte ich mich mit zwei Freundinnen auf eine Reise quer durch den Süden der Kaliningradskaja Oblast. Hier sind viele Dörfer noch intakt, manche Kirche liebevoll restauriert. Einmalig sind hier orthodox-byzantinisch-goldene Zwiebeltürmchen auf mittelalterlich backsteinernen Treppengiebeln der Kirchen! Still ist das Land hier und einsam. Auf fester Schneedecke fahrend, kam uns manchmal eine halbe Stunde kein Auto entgegen.
In Tharau haben wir unser ganz persönliches „Ännchen“ Viktoria getroffen, die uns zu Tee und einer Unmenge Butterbroten in Ihre ärmliche, und doch so reiche Stube (im ehemaligen Glöcknerhaus) vor den Kachelofen einlud.
Im „Pferdedreieck“ zwischen Georgenburg, Gut Weedern und Trakehnen wurden wir inmitten wunderbar restaurierten Gestütsanlagen einer edlen Auswahl von Trakehnern, Hannoveranern und Holsteinern vorgestellt. Und in den Landstädtchen Insterburg/Tschernjachowsk und Darkehmen/Ozersk kann einen in so manch biederem Gässchen von Einfamilienhäusern der Eindruck anfallen, man habe eine Zeitreise in die 20er Jahre gemacht.

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